"Ich wollte eigentlich Informatik überbelegen"

Die Stundenpläne zu machen, muss schwer sein. Richtig, richtig schwer. Lehrer:innen können nur eine Klasse auf einmal in einem Fach auf einmal unterrichten. Schüler:innen können nur ein Fach auf einmal haben. Sobald es an die Oberstufe geht, wird es noch schwieriger: Da bekommt nämlich jede:r Schüler:in seinen:ihren eigenen Stundenplan. Wer Stundenpläne macht, muss sich gut mit Mathematik auskennen, logisch denken können und vor allem nicht zusammenbrechen, wenn ein Haufen Daten vor einem liegen. Vielleicht gibt es dazu auch ein Programm. Ich weiß es nicht.

 

Letztens habe ich mich mit einer Freundin unterhalten. Wie man das eben so macht. „Ich wollte eigentlich Informatik überbelegen“, erzählt sie mir. „Aber wegen meiner Fächerkombi ging das dann nicht.“ Mittlerweile sei es ihr egal.

 

Mir aber nicht. Weil ich irgendwie nicht glaube, dass das ein Einzelfall war.

 

Zur Erklärung: In der Oberstufe können wir Fächer überbelegen, d.h. wir haben ein Fach, das wir zum Halbjahr abwählen können. Ein Fach, in das man einfach mal reinschauen kann und es nur so lange behalten muss, wie man will.

 

Die Informatik-Bildung in Deutschland ist grottig. Die meisten Schüler:innen belegen das Fach nur über. Viele wählen es beim ersten Halbjahr ab. Zu Anfang waren wir so viele, dass Computer geteilt wurden. Mittlerweile haben wir ein paar Rechner über.

 

Eine Mitschülerin, die abwählte, sagte zu mir, noch verstehe sie, was wir machen, aber sie wähle lieber ab, bevor es zu kompliziert werde. Eine andere Mitschülerin, die ebenfalls überbelegt hat, ist eine der Motiviertesten, wenn es ans Programmieren geht. Wie hoch, frage ich mich, war die Chance, dass die beiden aufgrund ihrer Fächerkombination in unserem Kurs gelandet sind?

 

Liebe Lehrer:innen, ich weiß sehr genau, dass Sie ebenfalls Computer nutzen. Diese Computer werden kaputtgehen, sie werden spinnen, Dateien werden nicht richtig geladen, irgendwann wird irgendwo ein Programmierfehler auftauchen. Und Sie werden Leute brauchen, die Ihnen das reparieren.

 

Wir sind diejenigen, die Ihnen die Computer reparieren werden. Wir sind die Programmierer der Zukunft. Nicht unser elf-Leute Kurs. Nicht unsere Stufe. Unsere Generation. Fördern Sie uns doch wenigstens!

 

Bitte.

 

Ich weiß, dass die Leistungskurse an erster Stelle stehen. Ich weiß, dass die überbelegten Fächer an letzter Stelle stehen.

 

Unsere Stundenpläne sind zerlöchert wie Schweizer Käse. Ein paar mehr Löcher, damit ein paar mehr Leute programmieren lernen, können doch nicht schaden. Immerhin sind wir diejenigen, die Ihnen die DVDs anmachen und Sie darauf hinweisen müssen, dass man zur Internetnutzung gelegentlich auch mal ein Kabel braucht.

 

Hannah, 03.12.2021