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Asche, überall nur Asche und Staub. Einst grünes Laub, nun schwarze Kohle. Früher Vogelgezwitscher, heute lodernde Flammen. Ich schreite durch eine zerstörte Welt. Eine Welt voller schwarzem
Rauch, verkohlter Tierleichen und grauen Wolken am Horizont. Sie hatten uns vor Waldbränden gewarnt, hatten gesagt, dass auch wir nicht davon verschont bleiben würden. Doch geglaubt hatte ich es
nie. Nun stehe ich vor unserem, in seine Einzelteile zerfallenem Haus. Wie in einem apokalyptischen Albtraum, aber ich schlafe nicht, ich bin hellwach. Meine von Tränen unterlaufen Augen sehen
die unwiderrufliche Zerstörung einer früher heilen Welt.
Meine Füße schleifen über den pechschwarzen Boden. Fast stolpere ich über einen von den Flammen getöteten Baumstamm. Früher war ich auf die Bäume geklettert und hatte unter ihrem grünen Blätterdach gespielt, nun lagen mir jene zerbrochen zu Füßen. Mein Weg führt mich weiter durch diese neue Realität, die so grausam ist und in ihrer Grausamkeit alles zerstört hat, was ich geliebt hatte. Wind weht mir das zu Kohle gewordene Laub ins Gesicht. Ich schließe meine Augen und atme die glühende Luft ein, sie durchströmt meine Lungen, und wieder aus. Meine Augenlider blieben fest verschlossen, ich will diese Zerstörung nicht mehr mitansehen, obwohl ich ihr niemals entfliehen kann. Ein Gefühl von Machtlosigkeit macht sich neben der Trauer in mir breit. Meine Fingerspitzen fahren über eine Baumrinde und plötzlich bin ich wieder im Feuer.
Vor meinem inneren Auge sehe ich das lodernde orangene Licht der Flammen, das alles verschlingt, was sich ihm in den Weg stellt. Nur dunkle Ruinen lassen sie zurück. Die grauen Wolken, in denen alles erstickt, ziehen wie ein unheimlicher Schleier über das Land. Ich sehne mich in die Zeiten zurück, in denen es noch in weiter Zukunft lag. Als die Vögel noch zwitscherten, die Luft frisch und voller Leben war. Eine Zeit, in der die saftig grünen Blätter im Wind raschelten, Bäche vor sich hin plätscherten und ich barfuß über den von Moos überzogenen Boden lief. In meiner Erinnerung tauchte unser kleines Haus auf, unsere rosarot angestrichenen Fahrräder, die himmelblauen Fensterläden und der Geruch von Kaffee und frisch gebackenem Kuchen, der aus der Küche duftete. Wie nachmittags immer das Radio im Wohnzimmer lief und wir zur Musik tanzten. Und der Geschmack der Beeren, die in unserem Garten wuchsen.
Wie ich das alles vermisste. Doch meine Erinnerung, die einem Traum gleichkam, so idyllisch, friedlich und ruhig, wurde plötzlich zunichte gemacht. Unwiederbringlich zerstört von dem lodernden Feuer und zersplittert in abertausende Scherben. Plötzlich hörte ich wieder die Schreie meiner kleinen Schwester, die schrillen Sirenen, die Stimmen der Feuerwehrmänner, die durch die Nacht hallten. Die Flammen, welche die Dunkelheit erhellten. Luft, die voller Rauch und kaum noch atembar war. Ein Trauma, das sich tief in mein Herz gebrannt hatte und eine Narbe hinterließ, die nie verheilen würde.
Hedy
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