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Märchen zum Herbst

Der Feuerbaum

Es war einmal ein Mädchen, das lebte in einem Bauernhaus mit seiner Familie, weit weg von der Stadt.
Der kleine Hof war voller Tiere und um ihn
herum füllte sich die Gegend mit weiten Feldern voll Getreide und Gemüse. Zu dem Zeitpunkt war Erntezeit und das Mädchen half gelegentlich mit seinen
Geschwistern auf den Feldern. Und wenn es nichts zu tun hatte, ging es in die Scheune, setzte sich ins Heu und lauschte den Geräuschen der Kühe und Pferde. Und wenn ihm dies zu langweilig war, ging es in den Garten und kletterte auf seinen Lieblingsbaum. Es war ein Ahornbaum.
Und wenn der Wind raschelnd durch die Blätter sauste und dem Mädchen die Haare ins Gesicht blies, fühlte sie sich wohl und geborgen. Dann lachte sie laut und fröhlich.
Und immer wenn der Herbst kam, freute sie sich. Denn dann fing ihr Baum an zu brennen. Alle Blätter wurden leuchtend orange, rot und gelb, als hätte man sie mit einem Streichholz in Brand gesetzt. Dann tanzte das Mädchen um den Baum und sang lachend und hüpfend ihr Lied vom Feuerbaum.
Da kam ein kleines Männchen vorbei, das hatte eine leuchtend grüne Mütze und Stiefel aus braunem Leder und es kam auf das Mädchen zu und fragte: "Weißt du denn überhaupt, was Feuer ist ?"
"Natürlich'', sagte da das Mädchen, "Feuer macht die Blätter orange."
Das kleine Männchen nickte und ging.
So kam es am darauffolgenden Tag wieder und an dem darauffolgenden auch und jedes Mal fragte es, ob es wüsste, was Feuer ist.
Und als das Mädchen immer wieder sagte, Feuer mache die Blätter orange, zündete das Männchen den Baum an.
Und als dieser lichterloh brannte, freute sich das Mädchen über die noch schöneren leuchtenden Farben.
Doch als eines der brennenden Blätter hinunter fiel und sie es auffing, verbrannte sie sich die kleinen zarten Hände und erschrak. Dann lief sie schnell ins Haus und rief: "Vater, Mutter, der Baum brennt."
Daraufhin sagte ihr Vater: "Aber Kind, das singst du uns doch jedes Jahr."
Und als der Vater den ernsten Blick seiner Tochter sah, rannte er hinaus.
Leider war jedoch von dem Baum nichts als ein dunkles Skelett aus Ästen und ein schwarzer Aschehaufen aus Blättern übrig.
Da setzte sich das Mädchen in die Asche und fragte:" Vater, können wir den Baum nächsten Herbst wieder zum Leuchten bringen? Das sah so schön aus."
Und der Vater, der seine Tochter mehr liebte als alles andere, nickte bloß und kehrte ins Haus zurück.

~Inka

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